Das Gebäude steht seit Jahren leer, die Nachbarschaft hätte sich über eine Revitalisierung gefreut – der Kirchenkreis Mitte plante, die leerstehende Kita in der Moabiter Wiclefstrasse zu einer Flüchtlingsunterkunft umzuwidmen, um Flüchtlinge aus verschiedenen Standorten in Berlin, die der Hilfe der Kirche benötigen, dort unterzubringen.
Die Initiative Neue Nachbarschaft/Moabit, die bereits von der Kirche vergangenen Sommer mit Schlüsseln für das Objekt ausgestattet worden war, bezog nun am Sonntag mit den ersten 11 Flüchtlingen das Gebäude, um in einer Art Pilotphase die Bewohnbarkeit und notwendige Umgestaltungen zu eruieren. Die Unterbringungsmöglichkeit für sieben Flüchtlinge aus dem Kirchenkreis Mitte endet zum 1. April, derzeit gibt es keine alternativen Unterbringungsmöglichkeiten in kirchlichen Gebäuden außer der Moabiter Kita. Die Zeit drängte.
„Wir haben am Sonntag Mittag in einer Gemeinschaftsaktion losgelegt“, berichtet Marina Naprushkina von der Initiative. „Die Toiletten waren in einem fürchterlichen Zustand, wir haben die Scheiben gereinigt, den Vorgarten gekehrt. Durch den langen Leerstand gab es viel Vandalismus im und um das Gebäude.“
Am Abend erschienen dann die Pfarrerinnen von Moabit West und verlangten den sofortigen Abzug. Man war zu keinerlei Gespräch bereit, rief sofort die Polizei für die Räumung. „Unser Hinweis, dass wir mit Schlüsseln ausgestattet sind, interessierte niemand“, so Naprushkina. „Hätten wir nicht geistesgegenwärtig die Flüchtlinge schnell evakuiert, die Kirche hätte die Flüchtlinge der Polizei ausgeliefert und wegen Hausfriedensbruch kriminalisiert.“
Die Mitglieder der Initiative sind entsetzt über das beschämende Verhalten der Kirchenvertreter. „Uns schlug blanker Haß entgegen.“ Und dass es dabei wenig christlich zuging, zeigt auch ein Vorfall am Rande der Räumung: Obwohl des Verlassen der Kita völlig friedlich organisiert wurde, griff der ebenfalls anwesende Vorsitzende der Kirchenkreissynode Fabian Eidtner eine junge Frau der Initiative körperlich an. Die Initiative beschloss darauf hin, die Kirchenleitung zu bitten darauf hinzuwirken, dass Herr Eidtner seine kirchlichen Ämter Ruhen läßt bis zur Klärung der Tatvorwürfe. Eine herausgehobene kirchliche Position verträgt sich nicht mit Gewalt gegen Frauen – insbesondere nicht in Ausübung seines Kirchenamtes.
Anmerkungen zur Presseerklärung der Refo:
1.
Es ging der Neuen Nachbarschaft zu keinem Zeitpunkt um die „Gewinnung“ neuer eigener Räumlichkeiten. Richtig ist, dass diese gewechselt werden müssen. Ein adäquates Ersatzangebot liegt uns aber vor, ebenfalls in der Jagowstrasse. Es würde keinen Sinn machen, bei einer solchen Option in die Wiclefstrasse umzuziehen. Diese Behauptung ist unrichtig.
2.
Unrichtig ist ebenfalls, dass es von Seiten der Kirchenvertreter keine körperliche Attacke gegen eine junge Frau unserer Initiative gegeben hat. Der Vorgang wurde angezeigt, die Frau musste in ärztliche Behandlung. Es handelte sich um keine Bagatelle sondern körperliche Gewalt gegen Frauen durch einen herausgehobenen Kirchenvertreter.
3.
Den in Tiergarten derzeit untergebrachten sieben Flüchtlingen in der Kirche ist mitgeteilt worden, dass ihre Unterbringung zum 1. April ersatzlos endet. Eine Notsituation ist gegeben. Es ist unklar, warum die Kirche diesen Vorgang bestreitet.
4.
Die nun von Refo behauptete anstehende Revitalisierung des Gebäudes erneut als Kita ist kontraproduktiv. Laut Aussage des Bezirksbürgermeisters hat Moabit inzwischen ein Überangebot an Kitaplätzen. Plätze für Flüchtlinge, die der Hilfe der Kirche bedürfen gibt es aber deutlich zu wenig. Daher hat die Kirche selbst die Umwidmung der Kita in eine Unterbringung für Flüchtlinge beschlossen und uns als Initiative dies per Email mitgeteilt. Dazu ist in der Erklärung nun keine Rede mehr. Warum nicht?